Schweigen ist Gold, Sprechen unbezahlbar

Du redest viel, doch du sagst gar nichts

Das alte Sprichwort von silbernem Reden und goldenem Schweigen hat ausgedient. Es stammt aus der ora-et-labora-Haltung protestantischer Arbeitsethik und hilft in keiner Weise die...

Das alte Sprichwort von silbernem Reden und goldenem Schweigen hat ausgedient. Es stammt aus der ora-et-labora-Haltung protestantischer Arbeitsethik und hilft in keiner Weise die heutigen Probleme zwischen Menschen zu lösen.

»Du redest viel, doch du sagst gar nichts«, hieß ein Refrain der Phantastischen Vier. Diese Unterscheidung ist für funktionierende Kommunikation wegbereitend. Zwischen »Reden« und »Sprechen« zu unterscheiden, macht die Verantwortung klar. Es reicht nicht, Geräusche zu produzieren und zu hoffen, dass mein Gegenüber sie so versteht wie ich sie ungefähr gemeint habe.

Wie kann ich unterscheiden, ob ich rede oder spreche? Es gibt drei wichtige Kriterien, die alle erfüllt sein müssen. Wenn ich diese drei Punkte beherzige, ist mein Teil der Kommunikation verantwortungsvoll erfüllt. Diese Kommunikationskriterien gelten in der Partnerschaft genauso wie im Berufsleben:

  1. Den Gedanken, den ich mitteilen möchte vollkommen klar haben. Viele Menschen beginnen zu sprechen ohne zu wissen, wo sie damit hinwollen. Das ist in Ordnung, wenn man einfach nur Unterhaltung haben möchte. Wenn ich aber wichtige Mitteilungen zu machen habe, Sachverhalte klären oder die Beziehung nach einem Schiefstand wieder richten möchte, muss ich vorher entscheiden, was genau ich mitteilen will.
  2. So lange meinen Gedanken mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln kommunizieren, bis ich erkennen kann, dass der andere ihn verstanden hat. Es reicht nicht, die Mitteilung in den Raum zu werfen und darauf zu vertrauen, dass irgendjemand sie schon aufheben wird. Als Lieferant der Information bin ich verpflichtet, das Paket persönlich abzuliefern. Oder wollen Sie, dass der Paketbote die Post bloß in den Vorgarten schmeißt? Verstehen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass derselbe Gedanke, den ich vorher gefaßt hatte, im Geist meines Gesprächspartners dupliziert wird. Dieses »Verstehen« kann man mit einiger Übung »sehen«. Man erkennt im Gesicht des anderen, ob Verständigung stattgefunden hat.
  3. Wenn der andere nicht versteht, zuerst und immer wieder meine eigenen Fähigkeiten der Kommunikation verbessern. Es ist grundlegend falsch, nicht funktionierende Kommunikation dem Partner in die Schuhe zu schieben. Wenn ich den Eindruck habe, nicht verstanden worden zu sein, kann ich in fast jedem Fall davon ausgehen, dass ich nicht eindeutig gesprochen habe. Die wichtigsten Gründe für uneindeutige Mitteilungen sind:
    • die eigene Unklarheit (siehe Punkt 1),
    • die Nicht-Bereitschaft, sich eine Blöße zu geben,
    • Angst vor der Reaktion des Anderen (Zorn, Trauer, Verwürfe)
    • Angst vor Konsequenzen aus den Erkenntnissen eines tieferen Austausches (bis hin zur Trennung)

Schweigen allein macht noch kein Zuhören. Auf der passiven Seite ist auch ein Beitrag zu leisten, um die Kommunikation zum Funktionieren zu bringen. Mann kann dies auch als Hinhören, Verstehen oder Empfangen bezeichnen. Folgende Hilfen können Sie Ihrem Gesprächspartner geben, wenn Sie den Eindruck haben, dessen Gedanken noch nicht klar verstanden zu haben:

  1. Nachfragen bis echtes Verstehen stattfindet. Wenn der Gedanke nicht eindeutig angekommen ist, können Sie Ihrem Gesprächspartner eine Brücke bauen. Die einfache Mitteilung: &rauqo;Das habe ich noch nicht ganz verstanden, bitte erklär' mir das«, wirkt Wunder. Die Gefahr beim Nachfragen liegt in der Manipulation, indem man versucht Inhalte hervorzulocken, die man gerne hören würde. Die Autonomie des Anderen muss immer gewahrt bleiben. Vermeiden Sie deshalb Suggestivfragen im Stil von: »Ich verstehe schon, du hast wohl ... damit gemeint.« Oder, noch schlimmer: »Das sagst du wahrscheinlich, weil ... .«
  2. Das Diskutieren vermeiden. Die Diskussion ist eine Methode, die von den griechischen Philosophen vor über 2000 Jahre entwickelt wurde. Das ist sehr alt und darf als wirkungsvolle Methode für heutige Partnerschaften in Frage gestellt werden. Viele Menschen glauben, dass sie eine sogenannte Streitkultur in ihrer Beziehung entwickeln müssten. Wir möchten dem das Erlernen einer Versteh-Kultur gegenüber stellen. Wenn beide sich dem Verstehen und Sich-Verständlich-Machen verpflichten, ist damit der Liebe mehr geholfen, als wenn sie wissen, wie sie sich rhetorisch aufs Kreuz legen können.
  3. Einen Raum der Aufmerksamkeit schaffen. Häufig reagieren Menschen, die sich schon lange kennen, vollkommen automatisch auf Reizworte und Reizklänge, ohne dann noch für den Inhalt der Mitteilung offen zu sein. Es ist schwierig aber lohnend, das eigene Denken so weit zu disziplinieren, dass es für die Dauer des Zuhörens einen maximalen freundschaftlichen Raum für die Gedanken des Gegenübers bereitet. Nehmen Sie eine Anfänger-Haltung ein, als ob dieser Mensch zum ersten Mal mit Ihnen spricht und Sie alles von ihm erfahren möchten. Diese Disziplin braucht Zeit, Übung und Geduld mit sich selbst. Belohnt wird man durch ein immer tieferes Gefühl der Verbundenheit miteinander.

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