Beziehungsdrama
Warum sich Ihr Partner niemals ändern wird
Sowohl Männer als auch Frauen warten in Paarbeziehungen häufig darauf, dass sich der andere ändert. Seltsamerweise ist dies nie in dem Umfang der Fall, wie wir uns das erhoffen. Und dabei denken wir, wenn er/sie sich bloß ändern würde, dann hätte ich es leichter oder würde auch selbst endlich einen Schritt gehen können.
Warum fällt es so schwer den ersten Schritt zu gehen?
Es gibt viele Ausreden dafür, nicht den Anfang zu machen. Wir machen uns nur selten klar, dass jeder Schritt ein erster Schritt ist und dass es immer der erste Schritt in Richtung auf uns selbst ist. Es hat keinen Sinn, nur etwas zu tun, damit auch der andere in Bewegung gerät. Die Bewegung muss aus uns selbst heraus kommen und dafür muss man sich selbst wichtig genug finden.
In Paarbeziehungen gibt es viel Frustration und Enttäuschung. Beides wäre nicht nötig, wenn sich in einer von beiden Partnern darum bemühte, seine eigenen inneren Vorgänge besser zu verstehen.
Ein Beispiel dazu:
Ein Klient möchte seiner Frau erklären, warum er sich trennen will. In dieser Trennungserklärung werden Enttäuschungen und unerfüllte Bedürfnisse als Vorwürfe formuliert. Ich gebe ihm den Hinweis zu untersuchen, welche Fähigkeiten ihm in der jeweiligen Situation gefehlt haben. Gelingt dies, so wird aus dem Opfer ein Handelnder, der weiß wo er in der eigenen Entwicklung ansetzen kann. Es bedarf mehrerer Anläufe, um dieser Aufforderung ansatzweise nachzukommen. Nach einer kurzen Antwort wird die Vorwurfsschleife von neuem durchlaufen.
Warum ist das so? Aus meiner Sicht ist es eine schlechte Angewohnheit. Allerdings eine, die tief eingefahren ist, universell verbreitet und fast nie infrage gestellt. Wir können gewissermaßen bei Adam und Eva anfangen, um das zu erklären. Was hier stattfindet, ist die Suche nach einem Schuldigen: „Ich bin aus dem Paradies vertrieben worden, und es gibt nur einen einzigen Menschen, bei dem ich mir traue diesen Vorwurf loszuwerden. Und das bist Du!”
[figure class="c-figure c-figure--right" caption="Giovanni di Paolo, Vertreibung aus dem Paradies"][/figure]
Wir leben mit dem Anspruch, der andere solle uns das Paradies auf Erden verschaffen. Wir vergegenwärtigen uns in keiner Weise, dass diese Idee weit über das Ziel einer gut funktionierenden Ehe hinaus schießt. Im besten Fall kann eine Paarbeziehung Qualitäten wie Vertrauen, Verbundenheit, Freundschaft, Sicherheit, Versorgung, Lust, Freude und Glück hervorbringen. Aber jede Erwartung, die über das Menschenmaß hinausgeht muss enttäuscht werden.
Genau das ist es aber, was wir tun, wenn wir uns verlieben:
Eine übermenschliche Projektion, wird auf einen ganz normalen Menschen geworfen. Ob nach sechs Wochen, sechs Monaten oder sechs Jahren - irgendwann wird hinter dieser Projektion der Mensch zum Vorschein kommen. Vielen Menschen gelingt es nicht, die Beziehung zu ihrer Projektion (die letztendlich nichts anderes als eine narzisstische Beziehung zu sich selbst ist) zu Gunsten einer menschlichen Beziehung zu einem realen Mann, einer realen Frau aufzugeben.
Was dann kommt, ist Drama. Je nach Leidensfähigkeit wird das Beziehungsdrama über Jahre oder sogar Jahrzehnte aufrechterhalten. Manche Paare gehen auch irgendwann einmal zur Paarberatung - oft erst zu spät. Der Münchner Psychologe Dr. Norbert Mayer prägte einmal den Satz, es sei ein erstrebenswertes Ziel, „eine zufriedene und manchmal glückliche Ehe” zu führen. Mit unseren Erwartungen an paradiesische Zustände, können wir jedoch alles zunichte machen, was der Partner zur Verfügung zu stellen bereit war. Irgendwann sehen wir dann nur noch Eigenschaften und Verhaltensweisen, die wir nicht wollen.
Woher kommt das, all dieses Nicht-Gewollte? Es sind dies aus unserem eigenen Bewusstsein entfernte und dann auf den anderen projizierte Eigenschaften, von denen wir irgend ein wann einmal gelernt oder beschlossen haben, dass sie nicht zu uns gehören dürfen. Sie sind in den Untergrund gegangen und tauchen nun im Partner auf. Ein Grund mehr Dir böse zu sein: „Erst verweigerst du mir das Paradies, das ich in die gesehen habe und dann hast du lauter Eigenschaften, die ich an mir selbst nicht leiden kann oder mir selbst nicht erlaube.”
Nun ist es an der Zeit, mit diesem Versteckspiel aufzuhören
Nicht der andere ist schuld an meiner Misere. Ich habe mich selbst dorthin gebracht, indem ich Unmenschliches von einem Menschen erwartet habe und indem ich keine Verantwortung für mich selbst übernommen habe.
Wie lange braucht man, um sich schlechte Gewohnheiten wieder abzugewöhnen? Die Erwartung ist oft, dass mit ein oder zwei Sitzungen alles wieder gut ist. Am liebsten eine Pille schlucken und die ganze Angelegenheit vergessen können. So funktioniert allerdings die menschliche Seele nicht, sie ist feinfühlig, vielschichtig und kompliziert.
Die Seele erwartet von uns Aufmerksamkeit!
Das, was wir uns immer von unseren Partnern erhoffen, sind wir häufig nicht bereit uns selbst zu geben. Kein Wunder, ist doch die Erwartung, dass ich zunächst nur Elend zu Gesicht bekomme, wenn ich in mein eigenes Seelenleben hineinschaue. und in der Tat, das könnte der Fall sein. Wenn ich lange nicht mehr mir selbst zugehört habe, könnte zunächst der Frust, die Einsamkeit und die Orientierungslosigkeit zum Vorschein kommen. Da sollten wir nicht stehen bleiben, denn es gibt jenseits der grauen Ebene auch grüne, fruchtbare Landschaften.
Dorthin zu gelangen brauchen wir jedoch Ausdauer und Geduld. Und nicht zuletzt ist eine vernünftige Anleitung nicht zu verachten, denn sonst bewegen wir uns durch unser inneres Terrain so wie der Wandersmann, der auf einer Karte ein verlockendes Ziel ausgemacht hat, dieses jedoch nie erreichen wird, weil er nicht weiß, wo er sich auf der Karte gerade befindet.
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