Glücklich verheiratet

Ein Leben lang

Giulio Cesare Giacobbe hat vor einigen Jahren ein Buch geschrieben, in dem in wenigen Leitsätzen das zusammengefasst ist, was wir versuchen unseren Klienten nachhaltig einzubleuen....

Giulio Cesare Giacobbe hat vor einigen Jahren ein Buch geschrieben, in dem in wenigen Leitsätzen das zusammengefasst ist, was wir versuchen unseren Klienten nachhaltig einzubleuen. Ich werde deshalb einige dieser Sätze herausgreifen und kurz kommentieren, kann aber das ganze Buch uneingeschränkt empfehlen. Es heißt „Wie Sie sich glücklich verheiraten und es ein Leben lang bleiben.”

Nach einer launigen Einführung geht Giacobbe gleich ans Eingemachte und schreibt:

Die Zutaten für eine glückliche Ehe, die ein Leben lang hält: Leidenschaft, Dialog, Zärtlichkeit, Reife und Liebe.

In einem Satz ist hier das zusammengefasst, was auch wir für die wesentlichen Punkte halten, um eine langfristig glückliche Beziehung zu führen.

In den weiteren Ausführungen dieses Kapitels bin ich auf die folgenden Merksätze gestoßen:

Die Nichtbefriedigung der körperlichen, geistigen und emotionalen Bedürfnisse führt zu Unglück. Niemand hat das Recht, den anderen an der legitimen Befriedigung seiner körperlichen, geistigen oder emotionalen Bedürfnisse zu hindern.

Genau das ist es aber, was in den meisten Ehen geschieht: körperliche, geistige oder emotionale Bedürfnisse des anderen werden nicht oder nur unvollständig wahrgenommen, von der Erfüllung ganz zu schweigen. Da wir aber daran gewöhnt sind, nicht für das geliebt zu werden, was wir sind, brauchen und sein wollen, werden Bedürfnisse häufig schon durch Selbstzensur vor der Wahrnehmung durch uns selbst versteckt. Wie soll da der andere darauf kommen, was wir wirklich brauchen? Wir kommen auf diesen Punkt später noch beim Thema Liebe zurück.

Leidenschaft

Leidenschaft bedeutet Sinnlichkeit auf allen Ebenen. Natürlich bedeutet es guten Sex, aber eben auch alle anderen Formen körperlicher und sinnlicher Erlebnisse. Das kann ein gutes Essen in Unterhaltsamer Gesellschaft sein, gemeinsame Kinobesuche, spazieren gehen mit Händchen halten, Klettertouren in den Bergen. Grundlage für die Leidenschaft sind zwei Dinge: Zeit und Aufmerksamkeit. Wir sind physische Wesen, die auch physische Erlebnisse brauchen, damit sich der Körper wohl fühlt. Missachten wir seine Bedürfnisse, führt dies zuerst zu körperlichem Unwohlsein und in der Folge auch zu Übellaunigkeit und Krankheit.

Dialog

Der Dialog ist sicher das, was in unserer Arbeit an Nummer Eins steht. Wir halten ihn für die Grundlage, ohne den nichts in der Partnerschaft gelingt. Giacobbe drückt es aus wie folgt:

Der echte Dialog besteht nicht darin, über die Weltpolitik oder Alltagsdinge zu reden, sondern über die persönlichen Angelegenheiten als Paar.

Das stimmt und dem ist nichts hinzuzufügen, außer es tun.

Zärtlichkeit

Zärtlichkeit? Wir haben doch schon über Leidenschaft gesprochen. Das mit dem Sex ist doch schon klar. Nein. Zärtlichkeit bedeutet über die reine körperliche Anziehungskraft hinauszugehen und sich emotional angreifbar zu machen. Empfindsam sein und Empfindlichkeiten anderer wahrzunehmen gehört zusammen. Wer sich selbst erlaubt, Schwachstellen zu haben, erlaubt dies auch dem anderen.

Reife

In vielen Paarbeziehungen sind beide Partner nicht bereit dazu, sich in einen inneren Zustand zu versetzen, in dem sie bereit sind zu geben. Sie verharren stattdessen in der Bedürftigkeit und fordern immer nur vom anderen. Sie sind beleidigt, wenn sie nichts bekommen, aber nicht bereit etwas zu geben.

Reife bedeutet insbesondere psychologische Reife und Giacobbe definiert diese als die Befähigung, Eltern zu sein. Das bezieht sich nicht nur auf eigene Kinder, sondern vor allem auch auf den Partner. Er meint damit, dass Verständnis, Akzeptanz, Verzeihen, Trost und Unterstützung wesentliche Zutaten sind, um Liebe gedeihen zu lassen.

Eifersucht ist das Gegenteil von Reife. Eifersucht kann eine Ehe zerstören und ist vor allem ein Ausdruck von Infantilität. Während Kinder einen Anspruch geltend machen können, die Eltern in gewisser Weise zu besitzen, gilt dies für Erwachsene nicht mehr. Kinder brauchen ihre Eltern, bis sie auf eigenen Füßen stehen können. Ein Erwachsener soll und muss auf eigenen Füßen stehen, ansonsten sollte er sich in Therapie begeben.

Liebe

Wenn es uns gelingt, den anderen in einer bedürftigen Situation elterlich zu versorgen, kann man dies einen Akt der Liebe nennen. Den Fokus auf die Fähigkeit zu verschieben, alles zu geben, was uns zur Verfügung steht, ist eine weitere Definition von Liebe.

Giacobbe weist auf etwas hin, das gar nicht genug betont werden kann: die Selbstliebe. Wer nicht fähig ist, auf sich selbst aufzupassen und sich selbst gut zu versorgen; wer seine eigenen Bedürfnisse nicht erkennt und sich nicht auf den Weg macht, dass diese erfüllt werden, besitzt keine Selbstliebe.

Statt dass wir in jungen Jahren zunächst lernen (und dabei unterstützt werden zu lernen) uns selbst zu lieben, stürzen wir uns lieber in Beziehungen und erwarten vom Partner, dass er all das für uns tut, zu dem wir selbst nicht fähig sind. Das ist zum Scheitern verurteilt, da es eine Kinderhaltung ist.

Wer gelernt hat sich selbst zu lieben, kann auch Mitgefühl entwickeln. Dieses Mitgefühl werden wir brauchen, wenn sich unser Partner in einer Situation befindet, in der er sich selbst nicht liebt. Aus dem eigenen Überfluss, kann man dann dem anderen über diesen Engpass hinweghelfen und ihn zur Selbstliebe zurück begleiten.

Mit einem letzten Zitat wollen wir Ihnen noch einmal dieses Buch ans Herz legen, es ist schnell zu lesen und liefert viel Stoff zum Nachdenken:

Liebe besteht aus Mitgefühl und Hingabe, Toleranz und Verzeihen. Sie ist das Wichtigste, wenn man sich glücklich verheiraten und es ein Leben lang bleiben will.

Das Buch ist nicht mehr im Verlagsprogramm, aber bei Amazon noch zu haben: „Wie Sie sich glücklich verheiraten und es ein Leben lang bleiben.”

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